UNAOC-Konferenz in Cascais 2024

Der nächste Schritt in Richtung globaler Zensur?

Eine weitere Konferenz, ein weiteres Puzzlestück

In Cascais, Portugal, fand vom 25. bis 27. November 2024 die zehnte globale Konferenz der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC) statt. Eine Veranstaltung mit grossem Titel und hehren Zielen: Frieden, Toleranz und Verständigung. Klingt schön, oder? Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass hinter den feierlichen Reden und deklaratorischen Worthülsen ein beunruhigender Trend erkennbar wird: Die systematische Vorbereitung auf eine Welt, in der Meinungsfreiheit Schritt für Schritt ausgehöhlt wird – immer verpackt als notwendige Massnahme gegen „Hassrede“ und „Desinformation“.

Muss man die UNAOC kennen? Eigentlich nicht.

Die United Nations Alliance of Civilizations (UNAOC) wurde 2005 ins Leben gerufen, um kulturelle Vielfalt und religiösen Pluralismus zu fördern. Ihre Programme und Initiativen reichen von Jugendprojekten über interreligiösen Dialog bis hin zur Unterstützung kultureller Innovationen. Kurz gesagt: Eine weitere Unterorganisation der UNO, die sich vor allem durch Symbolpolitik hervortut. Ihre Existenz und ihre Projekte mögen gut gemeint sein, aber am Ende reiht sich die UNAOC gefühlt in die 5.000 anderen Organisationen ein, die mit viel Pomp und wenig Substanz die Welt retten wollen.

Zusammenfassung der Cascais-Deklaration:

Punkt 1: Gemeinschaften des Vertrauens schaffen

Die Deklaration fordert den Aufbau von inklusiven und gerechten Gesellschaften, die auf Menschenrechten und Würde basieren. Besonders betont wird die Einbindung von Frauen, Jugendlichen, religiösen Führern und marginalisierten Gruppen, um Vertrauen und sozialen Zusammenhalt zu fördern.

  • Kritikpunkt: Klingt nach der üblichen Inklusions-Rhetorik. Doch in der Praxis bleibt vieles vage. Vertrauen lässt sich nicht durch Deklarationen erzwingen, und die Betonung auf institutionelle Eingriffe zeigt einmal mehr, dass von der Basis ausgehende Veränderungen kaum gefördert werden.

Punkt 2: Menschenrechte und Meinungsfreiheit

Die Cascais-Deklaration betont die Verflechtung von Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit, die als interdependent, interrelational und gegenseitig stärkend beschrieben werden. Diese Freiheiten werden als entscheidend angesehen, um Intoleranz und Diskriminierung aufgrund von Religion oder Glauben zu bekämpfen. Gleichzeitig wird betont, dass der Kampf gegen Hassrede und extremistische Inhalte, die zu Gewalt aufrufen könnten, eine hohe Priorität hat.

  • Herausforderung: Die Erklärung bezieht sich auf internationale Vereinbarungen wie den Rabat-Plan der UN, der „die Förderung von nationalem, rassistischem oder religiösem Hass, der zu Diskriminierung oder Gewalt anstiftet,“ verbietet. Der Fokus liegt darauf, eine Balance zwischen freier Meinungsäusserung und der Vermeidung von Missbrauch dieser Freiheit zu finden.
  • Gefahr: In der Praxis könnten solche Formulierungen dazu genutzt werden, Kritik an Religionen oder kulturellen Praktiken, die unangenehm oder kontrovers sind, zu unterdrücken. Der Begriff „Hassrede“ bleibt vage, was potenziell zu einer Ausweitung auf legitime Meinungen führen könnte, die lediglich nicht in den Mainstream passen.
  • Kritische Anmerkung: Zwar wird die Meinungsfreiheit formal anerkannt, die Betonung der Regulierung von Hassrede legt jedoch den Grundstein für eine mögliche Einschränkung. Was als „Hass“ oder „Desinformation“ gilt, bleibt oft der Interpretation derjenigen überlassen, die die Macht haben, diese Regeln durchzusetzen.

Punkt 3: Kulturelle Vielfalt als Stärke

Die Welt sei multiethnisch und multireligiös – diese Vielfalt solle nicht nur akzeptiert, sondern aktiv gefördert werden. Kultur wird als „Powerhouse für Innovation“ bezeichnet, das Gesellschaften bereichern kann.

  • Kritikpunkt: Diversität ist ohne Frage wertvoll, aber die Überhöhung kultureller Vielfalt als Allheilmittel für soziale Konflikte blendet die Herausforderungen aus. Statt konkreter Lösungsansätze gibt es auch hier wieder nur warme Worte.

Punkt 4: Reformen für gerechte Institutionen

Es wird betont, dass globale Institutionen repräsentativer und effektiver gestaltet werden müssen. Der UN-Sicherheitsrat und die internationale Finanzarchitektur werden als veraltet und unfair bezeichnet, Reformen seien dringend notwendig.

  • Kritikpunkt: Die Forderung nach Reformen ist altbekannt, doch wer genau die neuen Spielregeln bestimmen soll, bleibt offen. Der Fokus auf „inklusive Institutionen“ klingt gut, könnte aber leicht zur Machtkonzentration bei wenigen führen – immer unter dem Deckmantel von Gerechtigkeit.

Punkt 5: Technologie und Desinformation

Die Deklaration widmet sich ausführlich den Herausforderungen der digitalen Welt, insbesondere der Verbreitung von Desinformation, Misinformation und Hassrede, sowohl online als auch offline. Ziel ist es, die „Integrität von Informationen“ zu stärken und den Schaden durch unkontrollierte Inhalte zu minimieren.

  • Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI): Die Nutzung von KI wird als Werkzeug vorgeschlagen, um interkulturellen und interreligiösen Dialog zu fördern. Gleichzeitig soll KI dabei helfen, problematische Inhalte zu identifizieren und zu entfernen.
  • Initiativen gegen Desinformation: Die Erklärung fordert „systematische Massnahmen“, um die Verbreitung von falschen Informationen zu stoppen. Dazu zählen internationale Kooperationen, die Entwicklung globaler Standards und der Einsatz moderner Technologien, um gezielt Inhalte zu filtern.
  • Hassrede: Es wird hervorgehoben, dass Hassrede „alarmierend verbreitet“ sei und durch Technologie unter Kontrolle gebracht werden müsse. Hier wird explizit die Rolle sozialer Medienplattformen erwähnt, die in die Pflicht genommen werden sollen, ihre Inhalte stärker zu moderieren.
  • Gefahr: Der Einsatz von KI und der Druck auf private Plattformen könnte leicht in eine technologische Überwachungsspirale führen. Inhalte, die nicht mit dem narrativen Konsens übereinstimmen, könnten durch Algorithmen unsichtbar gemacht oder zensiert werden. Besonders kritisch ist, dass die Definition von „Desinformation“ und „Hassrede“ stark von politischen und kulturellen Kontexten abhängt.
  • Kritische Anmerkung: Obwohl die Förderung von Informationsintegrität sinnvoll erscheint, birgt der technologische Ansatz grosse Gefahren. Ein zentraler Kontrollmechanismus durch KI könnte dazu führen, dass Meinungen gefiltert werden, bevor sie überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen – ein echter Albtraum für die Meinungsfreiheit.

Zwischenfazit

Die Punkte 2 und 5 sind eine schöne Verpackung für ein schwieriges Thema. Meinungsfreiheit wird zwar als Grundsatz gefeiert, aber gleichzeitig werden so viele Bedingungen und Einschränkungen erwähnt, dass es sich anfühlt, als würde man ein Schlupfloch suchen, um alles zu regulieren. Der Fokus auf KI und Desinformationskontrolle ist besonders gefährlich – denn wer programmiert die Algorithmen? Wer entscheidet, was „Hassrede“ oder „Desinformation“ ist?

Mit diesem Ansatz könnte man nicht nur echte Hetze eindämmen, sondern auch legitime Kritik und unliebsame Wahrheiten im digitalen Nirvana verschwinden lassen. Ein Schritt Richtung Meinungsfreiheit light – oder eher heavy Überwachung. Denn die genannte vermeintliche Verflechtung von Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit ist nichts anderes als ein rhetorischer Trick, um ein Schlupfloch für Zensur zu schaffen. Es klingt auf den ersten Blick nach Harmonie – „Lasst uns respektvoll miteinander umgehen!“ – aber in der Praxis ist es brandgefährlich.

Wenn man diese beiden Rechte miteinander verknüpft, öffnet man die Tür für absurde Einschränkungen. Stell dir vor, Meinungsfreiheit wird plötzlich davon abhängig gemacht, ob jemand sich „beleidigt“ fühlt oder seine Religion angegriffen sieht. Wer zieht die Linie? Was ist eine legitime Kritik an Religion oder Ideologie, und was wird als „Hass“ deklariert? Genau hier liegt der Trick: Die Definition bleibt vage, und diejenigen in der Machtposition können entscheiden, was durchgeht und was nicht.

Ebenso könnte man Reisefreiheit und Meinungsfreiheit verknüpfen. Es wäre genauso lächerlich, zu behaupten, dass man bei Auslandsreisen aufhören muss, seine Meinung über das besuchte Land zu äussern. Das ist keine Freiheit mehr, sondern ein Maulkorb mit Schleife drum.

Letztlich geht es darum, kritische Stimmen mundtot zu machen. Wenn Religionen – und andere geschützte Bereiche – zur heiligen Kuh erklärt werden, wird jede Kritik schnell als „Hassrede“ eingestuft. Das eigentliche Ziel? Nicht Frieden oder Toleranz, sondern Kontrolle. Mein Fazit: Das ist kein Schutz, sondern ein trojanisches Pferd für Zensur. Und die Gesellschaft fährt geradewegs in die Falle.

Die Eröffnungsrede von António Guterres:

Eine portugiesische Home-Story?

António Guterres, UN-Generalsekretär und gebürtiger Portugiese, nutzte die Gelegenheit, sein Heimatland und Cascais zu feiern. Auch seine Rede war ein Mix aus allgemeinen Appellen zu Frieden, Gerechtigkeit und Toleranz sowie konkreteren Forderungen nach internationaler Zusammenarbeit und Reformen.

Kernaussagen:

1. Lob für den Gastgeber Portugal und Solidarität:
  • Dank an Portugal und die Stadt Cascais für die Organisation.
  • Solidarität mit den Opfern der Überschwemmungen in Spanien.
2. Globale Herausforderungen:
  • Die Welt sieht sich einer Flut von Problemen gegenüber: Rassismus, Xenophobie, Intoleranz, Klimakrise, Konflikte und ein Angriff auf die Menschenrechte.
  • Soziale Medien verschärfen die Polarisierung und geben Hassrede eine noch grössere Reichweite.
3. Dringlichkeit von Frieden und Vertrauen:
  • Forderung nach Frieden in den Konfliktzonen (Ukraine, Gaza, Libanon, Sudan).
  • Notwendigkeit, Vertrauen in internationale Institutionen, Gesellschaften und zwischen Menschen wiederherzustellen.
4. Strategien zur Lösung:

Gemeinschaften des Vertrauens schaffen:

  • Inklusion, insbesondere Frauen und Jugendliche, in Entscheidungsprozesse.
  • Die Rolle religiöser Führer bei der Förderung von Frieden.

Bekämpfung von Hassrede und Desinformation:

  • Nutzung der UN-Prinzipien für Informationsintegrität und Initiativen wie dem Global Digital Compact.
  • Verantwortung grosser Technologieunternehmen.

Kulturelle Vielfalt als Stärke:

  • Vielfalt soll nicht nur respektiert, sondern aktiv gefördert werden.

Institutionelle Reformen:

  • Modernisierung des Sicherheitsrats und der globalen Finanzstrukturen, um Repräsentativität
5. Einheit in Vielfalt:

Guterres hob hervor, dass Unterschiede die Menschheit bereichern, nicht spalten sollten. Er appellierte an ein gemeinsames Handeln für Frieden, Vielfalt und Gerechtigkeit.

Fazit

Klingt erstmal nach dem üblichen diplomatischen Bla-bla, aber der Ton ist klar: „Wir wissen, dass die Welt chaotisch ist, und die Lösung liegt darin, mehr Kontrolle auszuüben.“ Guterres packt jede Menge Schlagworte rein – von „Vielfalt ist unsere Stärke“ bis hin zu „Vertrauen wiederherstellen“. Aber zwischen den Zeilen?

Es geht um Zentralisierung und noch mehr Eingriffe: Regulierung von sozialen Medien, Reform globaler Institutionen, stärkere „Verantwortung“ für Big Tech – was in der Praxis heisst, dass eine kleine Elite entscheidet, was richtig, wahr und erlaubt ist.

Und der Clou? Wir sind „mehr durch unser gemeinsames Schicksal vereint als durch unsere Unterschiede getrennt“. Schön poetisch, aber letztlich auch ein Code für: „Passt euch an, oder ihr seid Teil des Problems.“ Ein Appell für Einheit klingt toll, aber wenn das auf Kosten individueller Freiheiten geht, ist es nichts anderes als eine neue Verpackung für alte Kontrollmechanismen. Nett gemeint, aber wehe, du bist nicht im Club der „Gemeinsamkeit“. Dann wird’s ungemütlich.

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