Warum wird das WEF so massiv von der Schweizer Armee bewacht?
Zugesandt (Name der Redaktion bekannt)
Als ehemaliger Leiter der Operationsplanung im Führungsstab der Armee (FST A) habe ich den Einsatzbefehl für den Schutz des WEF mehrfach überarbeitet – mit einem gewissen Schmunzeln auf den Lippen. Warum?
Die Lagebeurteilung: Mehr Schein als Sein
- Die Bedrohungsanalyse des Strategischen Nachrichtendienstes (heute Nachrichtendienst des Bundes) war aus meiner Sicht völlig übertrieben. Sie hätte den enormen Aufwand der Armee niemals gerechtfertigt. Mein Vorgesetzter in der Operationsabteilung war sich dessen ebenfalls bewusst.
- Besonders die Luftwaffe nutzte das WEF als Vorwand, um eine umfangreiche Übung durchzuführen: den „verstärkten Luftpolizeidienst bei eingeschränkter Nutzung des Luftraums“ (LPD+). Ohne das WEF hätte der Bundesrat wohl kaum die Nutzung des Luftraums eingeschränkt – aber so bot sich eine perfekte Gelegenheit. Der Aufwand der Armee wurde dabei mit einem Augenzwinkern toleriert.
Übungsplatz WEF: Was wirklich dahintersteckt
- Luftwaffe: Neben der Luftpolizei gab es auch Schadensbegrenzung: Tagsüber kamen kostengünstigere F-5 Tiger zum Einsatz, um Lärmemissionen und Betriebskosten zu senken.
- Territorialdivisionen: Kommandanten nutzten die Gelegenheit, um Stabsübungen durchzuführen – für den tatsächlichen Einsatz in Davos war dies oft überdimensioniert.
- Nachrichtendienst: Auch der Militärische Nachrichtendienst (MND) nutzte das WEF für Ausbildungszwecke und richtete ein Lagezentrum ein.
- Internationale Beziehungen Verteidigung (IBV): Diese Abteilung sah im WEF eine Gelegenheit, sich mit Verteidigungsattachés zu profilieren – inklusive Apéros. Mit ihnen hatte ich einige Diskussionen.
Wo war der echte Einsatz?
Die tatsächliche Verantwortung lag bei der Kantonspolizei Graubünden. Sie hatte das Kommando und koordinierte die Zusammenarbeit mit ausgeliehenen Polizeikräften aus anderen Kantonen und der Militärpolizei.
Für den Schutz der WEF-Teilnehmer waren ein paar Infanteristen und Personenschützer ausreichend. Alles andere diente primär dazu, dass viele ihren „wichtigen“ Beitrag leisten konnten.
Die Teilnehmer: Eine Handvoll Wichtige, viele „Adabeis“
Natürlich gibt es einige hochrangige Persönlichkeiten, deren Schutz völkerrechtlich verpflichtend ist. Aber der Großteil der Teilnehmer fällt in die Kategorie „Adabeis“ – jene, die einfach dabei sein wollen. Die Bundesräte nutzten die Bühne ebenfalls gern für medienwirksame Auftritte.
Das Fazit: Ein Stelldichein der Wichtigtuer
- Kosten-Nutzen-Frage: Der Nutzen des Militäreinsatzes war fragwürdig. Wichtiger war für einige, das WEF als Argument für höhere Budgets oder neue Beschaffungen (z. B. Kampfflugzeuge) zu nutzen.
- Demonstrationen: Die Proteste gegen das WEF fand ich nicht unsympathisch – solange sie im Rahmen blieben. Eine strafbare Handlung rechtfertigt dieser Zirkus nicht.
In Davos verliert nur eine kleine Geschäftswelt etwas, wenn es das WEF eines Tages nicht mehr gibt. Vielleicht auch die Armee – eine Übungsplattform weniger.
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