135 Franken für die Demokratie

oder wie ein Staatspropagandaapparat um seine Privilegien kämpft

Die Halbierungsinitiative, auch bekannt als „200-Franken-Initiative“, hat in der Schweiz hohe Wellen geschlagen. Die Initiative will die Radio- und Fernsehgebühren der SRG – aktuell bei stolzen 335 Franken pro Haushalt – auf 200 Franken senken. Klingt nach einem vernünftigen Vorhaben, oder? Schliesslich werden Unternehmen ständig dazu aufgefordert, effizient zu wirtschaften. Warum sollte das nicht auch für eine öffentlich finanzierte Institution wie die SRG (Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft ) gelten?

Doch halt! Nachdem der Bundesrat diese Initiative bereits abgelehnt hat, schliesst sich nun die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren dem an . Effizienz und Selbstdisziplin? Nichts für sie. Die Demokratie sei in Gefahr, schreien sie – und legen damit eine herrliche Mischung aus Bauchgefühl und Argumenten vom kalten Buffet der Bequemlichkeit hin.

Ein Hauch von Demokratiekrise

– oder warum weniger plötzlich mehr ist

Wer hätte gedacht, dass die SRG mit ihren rund 1,5 Milliarden Franken Einnahmen einen derart labilen Zustand unserer Demokratie darstellen würde? Laut den Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren der Kantone ist das jedenfalls so. Denn laut ihnen geht es hier nicht bloss um ein paar Franken mehr oder weniger. Nein, es geht um nichts weniger als die „demokratische Meinungsbildung“, die, wie wir erfahren, angeblich auf sehr wackeligen Beinen steht.

Ja, liebe Bürgerinnen und Bürger, 135 Franken weniger, und schon ist es aus mit der Demokratie. Ländliche Kantone, Sprachregionen, kleine Sprachgruppen – alle würden quasi in die mediale Bedeutungslosigkeit stürzen.

Hier tritt das Totschlagargument aller „Experten“ in Aktion: Ohne die SRG, und zwar ohne das volle, ungekürzte Budget, wäre die Demokratie in der Schweiz offenbar nicht mehr funktionsfähig. 135 Franken weniger, und schon stehen wir am Abgrund! Man könnte meinen, die SRG sei das Einzige, was zwischen uns und dem Chaos steht. Schlicht eine unverzichtbare Institution, die uns, koste es, was es wolle, vor der selbstverschuldeten Unmündigkeit bewahrt. Was bleibt da noch zu sagen? Wenn das mal nicht die effektivste Waffe ist, die man im politischen Diskurs zücken kann: Wer die Demokratie retten will, zahlt gefälligst.

Eine Konferenz der nicht studierten „Wirtschafts“direktoren

Wer sind diese Leute eigentlich, die sich hier so selbstbewusst äussern? Ein kurzer Blick auf ihre Profile zeigt, dass „Volkswirtschaftsdirektor“ offenbar keine spezielle Ausbildung in Wirtschaft erfordert. Tatsächlich kommen sie aus allen möglichen Richtungen: Juristen, Historiker, Soziologen, Bauingenieure – doch tatsächliche Volkswirtschaftsexperten? Mangelware. Natürlich haben sie alle irgendeinen Bezug zur Wirtschaft, und sei es nur, weil sie mal in einer Wirtschaft waren – auf ein Bier nach Feierabend. Aber das scheint auszureichen, um über hunderte Millionen an öffentlichen Geldern mitzubestimmen. Man stelle sich vor, eine „Konferenz der Humanmediziner“ würde aus Politologen, Mathematikern und Bauingenieuren bestehen, die sich über komplexe OP-Techniken unterhalten. Aber warum solche Vergleiche? In der Politik scheint das alles irgendwie zu funktionieren. Man entscheidet über Milliarden, auch ohne ein einziges Semester Ökonomie.

Doch das sind wohl die „Expertisen“ der heutigen Zeit. Ein bisschen Bauchgefühl hier, ein bisschen „Ich habe in einem anderen Bereich Erfahrung“ dort – fertig ist die Volkswirtschaftskompetenz, die unsere Demokratie schützen soll.

Von den „drohenden Schäden“ für die Demokratie

eine Analyse auf höchstem Bauchgefühl-Niveau

Nun ja, ob sich jemand die Mühe gemacht hat, die Zahlen wirklich durchzurechnen, bleibt das bestgehütete Geheimnis dieser „Expertenrunde“. Wie viel kostet der tatsächliche Service Public? Wie hoch sind die Verwaltungskosten? Was liesse sich einsparen? Oder anders: Was kostet eigentlich das, was die SRG uns laut Verfassung bieten soll? Fragen, die man doch erwarten würde – aber nein. Stattdessen gibt es reichlich Panikmache. Mit den 135 Franken weniger kämen wir ganz sicher in eine existenzielle Krise, so der Tenor. Die Logik? „Die ländlichen Regionen wären abgeschnitten“ und „die Sprachregionen verwaist“.

Berechnungen? Ach, komm schon! Wer braucht Zahlen, wenn man das Wort „Demokratie“ immer wieder ins Feld führen kann? Es erinnert fast an einen Joker in einem Kartenspiel – das „Demokratie-Argument“ sticht alles.

Und so können wir ganz ohne belastbare Daten, ohne eine einzige Wirtschaftsanalyse und ohne jeden Versuch der Effizienzsteigerung sicher sein: Die 135 Franken weniger wären nichts weniger als das Ende des zivilisierten Medienzeitalters. Und das bleibt einfach so im Raum stehen. Berechnungen und tiefergehende Analysen braucht es da nicht – wir haben schliesslich die Volkswirtschaftsdirektoren der Kantone, die das schon irgendwie mit ihrem Bauchgefühl abschätzen.

Die wahren Gründe – Ein Apparat im Verteidigungsmodus

Die eigentliche Antwort liegt natürlich tiefer. Es geht um Privilegien und um ein jahrzehntelang gewachsenes Netzwerk, das sich auf diese üppige Finanzierung verlassen hat. Die SRG hat sich einen gewaltigen Apparat aufgebaut, der bequem über die Gebühren finanziert wird, und Werbeeinnahmen gibt’s obendrauf. Jeder, der einmal in einem halbwegs wettbewerbsfähigen Unternehmen gearbeitet hat, weiss: Ein Unternehmen ohne echte Konkurrenz kann sich auch mal einen Haufen Verwaltungsaufwand und jede Menge Puffer leisten. Und genau diese Strukturen müsste die SRG wohl in Frage stellen, wenn plötzlich „nur“ noch 200 Franken pro Haushalt fliessen.

Aber wer will das schon? Anpassungen? Abspecken? Effizienz steigern? Das würde natürlich bedeuten, dass man sich wirklich um eine Priorisierung der Mittel kümmern müsste – ein völlig fremdes Konzept für Apparate, die gewohnt sind, dass der Geldhahn ständig aufgedreht ist. Ein bisschen wie ein Luxusliner, der jetzt plötzlich lernen soll, auf Ruder umzusteigen. Lieber also am Status quo festhalten und so tun, als sei jede Kürzung automatisch ein Angriff auf die Demokratie. Da klopft man sich gegenseitig auf die Schultern und sorgt dafür, dass die bequemen Pöstchen erhalten bleiben.

Fazit – Ein Szenario voller Ironie

Willkommen in der Welt der „Möchte-Gern-Ökonomen“, die ohne Wirtschaftsbackground argumentieren und ohne jede Analyse in den Abwehrmodus springen. Denn wer die „Demokratie“ retten will, ist plötzlich vor jedem Zweifel geschützt. Es ist eine Mischung aus Bequemlichkeit, Panikmache und dem typischen Reflex der Politik, sich auf alte Strukturen zu stützen, um den Status quo zu schützen. Wer die Debatte um die Halbierungsinitiative ernsthaft führen will, müsste eigentlich konkrete Zahlen und tiefgehende Analysen fordern – doch stattdessen erleben wir eine Lektion darin, wie man politisches Bauchgefühl und die „Demokratie-Keule“ als vermeintliches Argument auf die grosse Bühne bringt.

Aber wer braucht schon Fakten, wenn das Bauchgefühl zur Wahrheit erhoben wird (da sagte doch mal jemand: „Unwissenheit ist Stärke“…) und der Wunsch der Vater des Gedankens ist!